VII-F-10336 Barrierefreiheit zu den Wahlen 2024

SR Dr. Volker Külow

Am 09. Juni 2024 stehen die Kommunal- und Europawahlen in Leipzig an. Viele Menschen mit Behinderung werden durch die Bundesgesetzgebung von den Wahlen ausgeschlossen. Andere sind wahlberechtigt, aber werden durch fehlende Barrierefreiheit de facto am Gang zur Wahlurne ausgeschlossen. Die Briefwahl stellt keinen Ersatz für Barrierefreiheit in den Wahllokalen dar.

Fragen an den Oberbürgermeister:

1. Welche Wahllokale sind in der Stadt Leipzig barrierefrei? Bitte nach Wahlkreisen aufschlüsseln und Anteil an Gesamtzahl der Wahllokale nennen.

2. Welche Instrumente werden bereitgestellt, um barrierefreies Wähen zu ermöglichen?

3. Wie oft wurde bei der vergangenen Europa- und Kommunalwahl 2019 ein neuer Wahlschein beantragt, um in einem barrierefreien Wahllokal wählen zu können?

4. Wie viele Hilfspersonen nach § 57 (BWO) waren bei der letzten Kommunal- und Europawahl in Leipzig im Einsatz? Bietet die Stadt den Einsatz von Hilfspersonen aus dem Wahlvorstand an?

5. Geht die Stadt aktiv auf Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu, um Wahlberechtigte über ihre Möglichkeiten zur Stimmabgaben zu informieren oder gibt es Kooperationen mit entsprechenden Trägern?


Antwort

Eine umfassende Inklusion und die Befähigung aller Bürgerinnen und Bürger zur Wahlteilnahme ist für die Stadt Leipzig ein zentrales Anliegen. Durch Vermeiden, Beseitigen und Reduzieren von Barrieren, wird allen Wahlberechtigten eine Wahlteilnahme ermöglicht.

So besteht jederzeit die Möglichkeit, barrierefrei zu wählen:

(1) per Briefwahl von zu Hause,

(2) in der städtischen Briefwahlstelle mit barrierefreiem Zugang im Neuen Rathaus,

(3) in einem der barrierefreien Wahllokale oder

(4) in einem benachbarten barrierefreien Wahllokal nach Ausstellung eines Wahlscheins.

Wesentliche Informationen, die sich aus der Anfrage ergeben, können der Vorlage VII-DS-09413 entnommen werden. Zudem werden zahlreiche Informationen zu barrierefreien Wahlen sowie Assistenzmöglichkeiten auf unterschiedlichen städtischen Kanälen und gegenüber Betroffenengruppen zielgerichtet kommuniziert.

1. Welche Wahllokale sind in der Stadt Leipzig barrierefrei? Bitte nach Wahlkreisen aufschlüsseln und Anteil an Gesamtzahl der Wahllokale nennen.

282 von 414 Wahlräumen (68,1 %) sind barrierefrei zugänglich. Damit hat sich die Zahl barrierefreier Wahlräume erneut erhöht (Bundestagswahl 2021: 63,4 %, Europa-/Kommunalwahl 2019: 50,4 %). Eine wahlkreisscharfe Aufschlüsselung geht aus Anlage hervor.

2. Welche Instrumente werden bereitgestellt, um barrierefreies Wählen zu ermöglichen?

Um jedem Wählenden eine gültige Stimmabgabe zu ermöglichen, werden entsprechende barrierefreie Voraussetzungen geschaffen. Dazu zählt: die Nutzung barrierefreier Wahlräume mit guter Ausleuchtung und verständlicher Beschilderung, die Möglichkeit zur Verwendung von Wahlschablonen für Menschen mit Sehbehinderung für die Europa- und Kommunalwahl sowie die Landtagswahl, Informationen zur Wahlteilnahme in leichter Sprache, Informationen zum Einsatz von Hilfspersonen, entsprechend geschultes Wahlhelferpersonal sowie die Möglichkeit zur Wahl per Briefwahl.

3. Wie oft wurde bei der vergangenen Europa- und Kommunalwahl 2019 ein neuer Wahlschein beantragt, um in einem barrierefreien Wahllokal wählen zu können?

Die Gründe für die Beantragung eines Wahlscheines werden grundsätzlich nicht erfasst. Zu bedenken ist, dass Wahlscheine ebenso Grundlage für die Briefwahl sind. Für jede und jeden der ca. 100.000 Briefwählerinnen und Briefwähler im Jahr 2019 wurde somit ein Wahlschein ausgestellt. Deshalb ist hierzu keine Angabe möglich.

4. Wie viele Hilfspersonen nach § 57 (BWO) waren bei der letzten Kommunal- und Europawahl in Leipzig im Einsatz? Bietet die Stadt den Einsatz von Hilfspersonen aus dem Wahlvorstand an?

Über die Anzahl an Hilfspersonen wird keine Statistik geführt. Der Gesetzgeber sieht vor, dass sich eine Wählerin oder ein Wähler einer Hilfsperson bedienen kann, um die eigene Wahlentscheidung auszuüben (z. B. bei Personen mit Sehbehinderung oder wenn jemand des Lesens und Schreibens unkundig ist). Hierbei handelt es sich um Personen, denen eine Wählerin bzw. ein Wähler ein besonderes Maß an individuellem Vertrauen schenken muss. Eine flächendeckende Bereitstellung von Hilfspersonen durch die Stadt Leipzig ist deshalb nicht vorgesehen. Allerdings können ehrenamtliche Wahlhelferinnen und Wahlhelfer als Hilfspersonen fungieren. Dies wird auch regelmäßig in Anspruch genommen. Deshalb werden alle Wahlhelferinnen und Wahlhelfer entsprechend geschult.

5. Geht die Stadt aktiv auf Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu, um Wahlberechtigte über ihre Möglichkeiten zur Stimmabgabe zu informieren oder gibt es Kooperationen mit entsprechenden Trägern?

Instrumente zur Befähigung von Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigungen zur Wahlteilnahme werden regelmäßig mit den entsprechenden Betroffenengruppen und Verbänden abgestimmt. So werden zum Beispiel die Wahlschablonen für Menschen mit Sehbehinderung in Kooperation mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen e. V. (BSVS) entwickelt. Beispielhaft können zudem die durch die Stadt Leipzig bereitgestellten Wahlinformationen in Leichter Sprache genannt werden, die vor Veröffentlichung mit Vertretern der Betroffenengruppe abgestimmt wurden. Dadurch besteht auch der Kontakt zur fortlaufenden Information hinsichtlich der Möglichkeit zur Stimmabgabe für Menschen mit Behinderungen.